Achtsamkeit II

FÜR ALLE.

 

Ich habe beabsichtigt, euch einen weiteren Brief zu schreiben, als Folge auf den letzten, den ich euch gesandt habe,  der das Wort "Achtsamkeit" ("Mindfulness") betraf und dem ich einige Sätze eines Gruppenmitglieds in Europa beigefügt habe.  Unglücklicherweise war heute aus verschiedenen Gründen der erste Tag, an dem es mir möglich war, mich hinzusetzen und diesem Brief an euch alle zu schreiben.

 

Der Grund, warum ich euch wieder schreibe, ist Missverständnisse zu klären, die möglicherweise aufgekommen sind, falls jemand von euch eines der neuerlich erschienenen Bücher über ACHTSAMKEIT (Mindfulness) gelesen hat. Hier in England und in den Staaten gibt es einen endlosem Strom an Büchern über dieses Thema, das ursprünglich aus dem Buddhismus stammt. Unglücklicherweise ist der Ansatz bei der Mehrheit dieser neuen Bücher ein psychologischer, und so ging DER BUDDHA des MITGEFÜHLS weitgehend in den Versuchen verloren, eine der großen Lehren des Buddha in die westliche psychologische Sprache einzupassen. Ich habe den Eindruck, dass als Folge davon ziemlich viel des wirklichen Verständnisses von der Verbundenheit allen Lebens verlorengegangen ist oder verlorengehen kann, so dass die Übung eine beinahe vollkommen eigennützige und selbstbezogene Angelegenheit wird, es sei denn, die Übung wird in der Erinnerung an dieses Verbundensein gemacht.

 

Mit den Worten einer der Personen, die mir mit heftiger Kritik antwortete, nachdem mein erster Brief an euch ausgesandt wurde:

"Haben die Leute wirklich begonnen, das Furcht einflößende Wissen der Namen, gepaart mit unsere Nicht-Existenz in die Arme zu nehmen? Die FREIHEIT jenes Wissens ist wertlos, bis es zum Dienst für den Augenblick wird. Natürlich Seines Augenblicks." Und diese Worte sind nur ein Teil des Briefes! Es gab auch Kommentare von anderen, die alle die Meinung des Verfassers wiedergaben, dass mein erster Text "zu sentimental" sei.

 

Nun, ich heiße Kommentare und Kritik immer willkommen, und so bin ich für das, was gesagt wurde, sehr dankbar. Beim erneuten Lesen meines ersten Textes kann ich leicht verstehen, was diese Leute in ihren Kommentaren meinten, und dies hat mich veranlasst, selbst einige Worte zu schreiben in der Hoffnung, dass dieser kurze Text euch allen helfen wird, den wirklichen Nutzen zu sehen und zu verstehen, der von denjenigen, die  Achtsamkeit wirklich praktizieren, gefühlt und erfahren werden kann, und wie sie gewiss nicht als eine Art Prozess der "Selbstentfaltung" gedacht ist, sondern vielmehr als Mittel, um in den tiefsten Winkeln unserer Herzen die Bedeutung Seiner Gnade und Seines Mitgefühls zu verstehen, und es sind diese beiden Worte, die wir am Anfang der Gebete jeden Tag aussprechen.

 

Achtsamkeit ist ein Mittel, um das "Wissen zu erden (verankern)". Und das bedeutet, wirkliches Wissen auf die Ede zu bringen. Und alle Aspekte der Achtsamkeit basieren darauf, auf den Atem zu achten. Das Wissen, von dem ich spreche, ist gewiss nicht bloss intellektuelle Information, sondern vielmehr die direkte Wahrnehmung der WAHRHEIT, die zum Wohle des Ganzen in unsere Welt gebracht werden kann. "Wer sich selbst kennt, kennt seinen Herrn." Dieses Kennen, dieses Wissen mag dann in Worten ausgedrückt werden, in Geschichten, in Kunst und Musik und in großen architektonischen Designs: in der Tat in allen Aspekten unseres täglichen Lebens, in welchem wir unser Besten geben können, um den großen Geboten zu folgen, wie in den Worten Jesu: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst".

Und es ist dieses Wissen (dieses Kennen), das an unsere Kinder und Kindeskinder und die kommende Welt weitergegeben werden kann. Wie es im VaterUnser heißt: "Möge Dein Wille auf Erden geschehen wie im HImmel." Das sind so einfache Worte, doch die Tiefe der ihnen innewohnenden Bedeutung ist groß, und doch können sie von uns allen verstanden werden, wenn wir uns an Rumis Worte "Dankbarkeit ist der Schlüssel zum Willen" und "Geduld ist der Schlüssel zur Freude" erinnern.

 

Das Wissen ist nicht dazu gedacht, in unbekannten Welten umherzuschweben, während wir fortfahren, dieselben alten Fehler zu wiederholen, meistens aus einem Mangel an Achtsamkeit und  Bewusstheit. Das Wissen wartet immer darauf, "Geboren" zu werden, auf die Art, wie es den sich wandelnden Bedindungen am besten entspricht,  in unserer Welt manifestiert zu werden. Ich nenne das manchmal den "Schoß des Gegenwärtigen Augenblicks".  Um diesen Punkt zu illustrieren, kann kein besseres Beispiel genannt werden als die Geschichte von Gabriel und der Jungfrau Maria zur Zeit der Verkündigung. Falls ihr die Geschichte nicht schon kennt, dann fragt bitte diejenigen, die sich an die vielen Male erinnern können, als ich sie wiederholt habe!

 

Wirkliches Wissen, das letztlich das Wissen des SELBST ist, dient der ganzen Menschheit und dem Planeten als Ganzes. Alles ist miteinander verbunden und hat seinen Platz im Evolutionsprozess. Jener Prozess bezweckt,  bewusste Evolution zu sein,  die von denen die wissen, ins SEIN gebracht wird, und gewiss nicht den willkürlichen und gefährlichen Zustand, in dem wir uns nun befinden, und der durch unsere eigene Dummheit und Unwissenheit, die zurückreicht durch die Menschheitsgeschichte, hervorgebracht wurde.

 

Die Übung der Achtsamkeit is wirklich ein Weg des Dienens, wenn wir ihren Zweck betrachten, wie oben kurz beschrieben. Wir sind nicht dazu da, Schlafwandler zu sein, die  sich wie Federn im Wind treiben lassen. Ihr erinnert euch an die Worte von Ralph Waldo Emerson, die ich in einem meiner Bücher zitiert habe: "Wehe denjenigen, die vom Schicksal überwältigt wurden, dessen Kontrolle ihren Händen entglitten ist." Wir sind Seine Manifestation, und demnach ist es unsere Aufgabe, wach und so gewahr wie möglich zu sein, ganz gleich, wie viel tägliche Arbeit es erfordert und wie viel Geduld und Ausdauer nötig ist.

 

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"Alle Dinge, die Bewusstsein haben, hängen vom Atem ab. Doch wenn sie sich am Atem nicht satt essen,  kann der Himmel nichts dafür. Der Himmel öffnet die Durchlässe und versorgt sie Tag und Nacht ohne Unterlass. Der Mensch dagegen blockiert die Öffnungen. Der Hohlraum des Körpers ist ein vielschichtiges Gewölbe; der Geist macht seine Himmlischen Streifzüge. Doch wenn die Kammern nicht weit und geräumig sind, beginnen die Ehefrauen und Geschwister zu streiten. Wenn der Geist seine Himmlischen Streifzüge nicht macht, dann werden die sechs Öffnungen sich gegenseitig vereiteln." (Dschuang Tse, 4. Jh. vor Chr.)

 

 

 

Den Atem ins Leben bringen

ist die Essenz jeder Religion

und das Heilmittel für jede Krankheit.

 

Lass jeden Atemzug, den du nimmst,

die Seele von ihrem Kummer und Schmerz reinigen,

damit sie fortwährend hell in dir leuchten möge." (Rumi, nach der Übersetzung von Will Johnson)

 

 

 

Lerne, die Seele zu  berühren

mit jedem Atemzug, den du nimmst,

und beobachte, wie du selbst

zum Messias wirst.

 

Wenn die Seele gereinigt ist

mit jedem Atemzug, den du nimmst,

wirst du verstehen,

wie du Jesus gebierst

jedes Mal, wenn du atmest..

 

Da ist ein neuer Garten,

eine neue Wiese in unserer Seele,

da ist eine neue Geschichte,

eine neue Legende in unserem Ohr

mit jedem Atemzug, den wir nehmen. (Rumi, nach  der Übersetzung von Will Johnson)

 

 

 

 

Daher erinnert euch bitte an das, was ich in diesem Text zu erklären versucht habe und dann, falls ihr ein geeignetes Buch zum Thema ACHTSAMKEIT findet, lest es im Licht des Verstehens und der Weisheit des Buddha und dessen, was er für uns in dieser Welt zum Arbeiten und Verstehen hinterlassen hat.

 

Reshad Feild.

11. September 2010