Wissen, dass wir geliebt werden

Was brauchst du am meisten?

Ich  sah, dass in meinem Leben etwas fehlte, das ich dringend brauchte. Ich hatte es schon früher bemerkt, aber der Schmerz, es zu sehen, hatte immer dazu geführt, dass ich die Fragen in den letzten Winkel meines Gehirnes verbannte. Ich sah auch, dass ich mich in der Umklammerung einer sehr tief sitzenden Angst befand, der Angst, etwas Falsches zu sagen, einen Fehler zu machen, in einer Sache zu versagen, die weit ausserhalb des alltäglichen Lebens lag. (...)

„Denke daran", sagte mein Lehrer, „ich habe danach gefragt, was du am meisten brauchst. Ich weiss, dass du bereit bist, die Antwort von innen zu empfangen, und daher auch fähig bist, die Frage zu stellen." (...)

„Ich brauche die Erfahrung, dass ich geliebt werde."

(aus „Wissen, dass wir geliebt sind" - früher „Das Siegel des Derwisch" - von Reshad Feild, Kapitel 2)

 

Der einzige Zweck der Liebe ist Schönheit

„Was für ein Tag -
Zwei Sonnen gehen auf!
Was für ein Tag,
Anders als alle anderen.
Schau!
Das Licht scheint in deinem Herzen,
Das Rad des Lebens steht still.
Oh du, der du in dein eigenes Herz siehst,
Was für ein Tag.
Es ist dein Tag."

Mevlana Jelalu'ddin Rumi
 

Wissen verankert Liebe

Schönheit hat etwas mit Freiheit zu tun - mit der Freiheit der Seele, die in der Sprache der Sufis manchmal als „wissende Substanz" bezeichnet wird. Diese Substanz kennt sich selbst, doch erst, nachdem sie im Licht gesehen, nachdem sie durch all die innere Arbeit, die wir tun müssen, bereits destilliert und geläutert worden ist. In dem Maße, wie wir daran arbeiten, unsere niedere Natur und unsere Illusionen zu destillieren, bekommt das Licht, das wir „Licht der Lichter" oder „Licht hinter der Sonne" nennen, wirklich einen Platz im Kelch des Herzens. „Wie oben, so unten."

(aus „Innere Arbeit" von Reshad Feild, Kapitel „Der einzige Zweck der Liebe ist Schönheit")

Reshad Feild liest Rumis Gedicht  übersetzt von Coleman Barks und begleitet von Geigenmusik von Andrea Helesfai (copyright Chalice Publications, Schweiz)

Ich sehe
meine Schönheit in dir.
Ich werde zum Spiegel,
der seine Augen nicht
verschließen kann
vor deiner Sehnsucht.
Meine Augen werden
feucht mit den deinen
im frühen Licht.

Mein Verstand gebiert
jeden Augenblick,
empfängt fortwährend ,
immer im neunten Monat,
immer am Punkt
des Kommens.
Wie halte ich das nur aus?

Wir werden zu diesen Worten,
die wir sagen,
zu einem jammernden Klang,
der sich hinaus bewegt
in die Luft.
Diese tausende von Welten,
die sich aus dem
Nirgendwo erheben,
wie fasst sie dein Gesicht?

Ich bin eine Fliege
in deinem Honig,
dann näher, ein Nachtfalter,
gefangen im Reiz
der Flamme,
dann leerer Himmel,
ausgedehnt in Ehrerbietung.

Mevlana Jelalu'ddin Rumi